Erste Schritte

Ein kleiner Schritt für jeden einzelnen Neu-Isenburger Kommunalpolitiker – ein riesengroßer Schritt für das Stadtparlament: Gestern händigte ein nettes Team aus der Stadtverwaltung vor dem Plenarsaal jedem Mandatsträger ein iPad mit Hülle und Tastatur, einen Apple Pencil, ein Ladekabel und ein Netzteil aus. Damit sind wir offiziell ausgestattet, künftig papierlos zu arbeiten. Jetzt wird es spannend, denn wir starten alle mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen. Während einige von uns schon seit Beginn der Legislaturperiode papierlos arbeiten, haben andere gestern Abend zum ersten Mal ein Tablet eingeschaltet. Es kommt nun auf einen engen Austausch mit der Verwaltung und untereinander an. Aber wie unterscheidet sich das papierlose Arbeiten überhaupt von der klassischen Arbeit mit Papier?

Alles, was wir Stadtverordneten bearbeiten, kommt zu uns als Drucksache, die wir in den verschiedenen Gremien (Stadtverordnetenversammlung, Ausschüsse, Ortsbeiräte) beschließen, ablehnen oder zur Kenntnis nehmen. Die Grundlage dafür bieten zum Beispiel Entscheidungen des Magistrats oder Anträge aus den Fraktionen. Neue Drucksachen erhalten wir, wenn nicht gerade Ferien sind, einmal in der Woche.

Arbeiten mit Papier

Im Stadtverordnetenbüro wird für jeden Mandatsträger (Stadtverordnetenversammlung, Magistrat, Ortsbeiräte…insgesamt rund 80 Personen) ein Stapel mit den passenden Unterlagen zusammengestellt und in einen Umschlag gepackt. Durch einen Boten werden diese Umschläge an alle persönlich zugestellt. Nun sortiert jeder Empfänger die Stapel entsprechend der Sitzungen, die vor ihm liegen. Was ist relevant für den nächste Ausschuss, was für die Stadtverordnetenversammlung? Für die Fraktionssitzung nimmt man idealerweise alles mit, was in der Woche kam. Dicke, schwere Aktenordner, die kaum noch zugehen, sind pro Sitzung keine Seltenheit. 

Im Laufe der Beratung kann dann auf dem Dokument oder mit Klebezetteln markiert werden, wie abgestimmt werden soll und was es noch zu bedenken gibt. Diese Kommentare hat natürlich jeder nur in seinem eigenen Ordner. Nach der Sitzung werden alle Drucksachen wieder neu sortiert: Was ist erledigt, was wurde in einen Ausschuss und somit in einen neuen Stapel verwiesen? Was muss erstmal warten? Ein neuer dicker Ordner muss zusammengestellt, die aktuell nicht benötigten Unterlagen irgendwo gelagert werden. Wer sich bei der Vorbereitung hier wirklich Mühe gibt und strukturiert vorgeht, kann in der Sitzung sehr schnell und effizient arbeiten. Aber die Vorbereitung kostet Zeit und muss immer wieder neu erledigt werden.

Die meisten Dokumente sind für die Bürger theoretisch offen zugänglich, in der Praxis aber nur verfügbar, wenn man die entsprechende Sitzung besucht und sich am Eingang einen eigenen Stapel zusammenstellt.

Arbeiten ohne Papier

Alle Drucksachen befinden sich in digitaler Form in unserem Ratsinfosystem. Bis auf wenige nicht-öffentliche Dokumente ist alles für die Bürger jederzeit offen zugänglich. Für die Mandatsträger steht außerdem zusätzlich eine App namens DiPolis zur Verfügung, die auf dieselben Daten zugreift. 

In diesem System sind alle Sitzungen in einem Kalender hinterlegt. Klickt man die jeweilige Sitzung an, gelangt man zur Tagesordnung und den damit verknüpften und bereits fix und fertig zugeordneten Drucksachen. Mit dem Stift oder der Tastatur kann nun entweder direkt in den Dokumenten oder in Form eines angehängten Kommentars etwas vermerkt werden. Die Notizen direkt auf der Drucksache bleiben stets privat, die Kommentare kann jeder von uns für die eigene Fraktion oder für alle Teilnehmer der jeweiligen Sitzung fraktionsübergreifend freigeben. So kann bereits in den Ausschüssen ‚live’ zu dem jeweiligen Tagesordnungspunkt vermerkt werden, wie abgestimmt wurde und welche zusätzlichen Fragen aufkamen. Das ist schneller als jedes Protokoll und hält alle auf dem neusten Stand. Wenn man es wünscht, bleiben die Kommentare auch sitzungsübergreifend erhalten. Recherchieren kann man mittels einer Suchfunktion, und zur Sitzung bringt man nun keinen schweren Ordner, sondern ein kleines Tablet mit. Ecken mit riesigen Papierstapeln im eigenen Wohn- oder Arbeitszimmer entfallen.

Natürlich geschieht die Zuordnung der Drucksachen nicht auf magische Weise von selbst, das verdanken wir den Mitarbeiterinnen im Stadtverordnetenbüro und in der Verwaltung. Diese bearbeiten in der Übergangsphase alles doppelt, da die Zustellung auf Papier UND die Bereitstellung im Ratsinfosystem bewältigt werden muss. Eine gelungene Digitalisierung unserer Arbeit wird also nicht nur uns Mandatsträger entlasten, sondern auch die damit verbundenen Büros. Dazu kommt, dass wirklich riesengroße Mengen Papier eingespart werden können.

Ja, das klingt fantastisch. Aber gibt es auch Nachteile?

Die Transformation erfordert aktive Mitarbeit 

Wir alle müssen ran. Die Digitalisierung soll Erleichterung bringen und nicht dazu führen, dass jemand keine Drucksachen mehr lesen möchte. Das bedeutet, jeder von uns muss verstehen, wie das alles funktioniert. Die Verwaltung bietet uns hierzu Unterstützung in Form einer ‚Sprechstunde‘ an, aber auch in den Fraktionen ist Austausch und gegenseitige Unterstützung angesagt. 

Das heißt auch, dass viele Prozesse sich erst einspielen müssen, sowohl in den Fraktionen als auch in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung und bei der Benutzung der App. Als Digitalisierungbeauftragte unserer Fraktion stand ich in den letzten Monaten in regem Austausch mit dem Entwickler der App sowie der Stabsstelle Digitalisierung und war Beta-Testerin der neuesten DiPolis-Version. Einige Anregungen daraus konnten schon umgesetzt werden, andere sind aktuell noch in Arbeit. So gibt es zum Beispiel immer wieder Dokumente, für die in der aktuellen Version der App noch kein Platz vorgesehen ist – zum Beispiel Drucksachen, die noch keiner Tagesordnung zugeordnet sind, Einladungen oder Tischvorlagen, die kurz vor der Sitzung erst verteilt werden. Lösungen müssen gefunden werden, und wir alle sind Teil dieses Prozesses.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen, wenn Ihr das lest: Traut Euch! Probiert rum, stellt Fragen! Die parlamentarische Sommerpause ist prima geeignet, sich mit Hardware und Software in Ruhe vertraut zu machen. Es kann nichts Schlimmes passieren und aus der Verwaltung bekommen wir wirklich tolle Unterstützung. Oder, wie die Zenmeister sagen: Der Weg entsteht beim Gehen. 

[Kati Conrad]

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