Fahrplan für große Projekte gefordert

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Am vergangenen Mittwoch trafen sich die Stadtverordneten zur ersten Sitzung des neuen Jahres. Die Tagesordnung war relativ kurz und viele Punkte konnten in den vorausgegangenen Ausschusssitzungen bereits diskutiert und meist einstimmig abgestimmt werden.

Dennoch gab es zu zwei Tagesordnungspunkten größere und durchaus auch grundsätzliche Diskussionen:

TOP 16: Förderprogramm Wachstum und Nachhaltige Erneuerung

TOP 18.2: Stadtentwicklung Antrag der Koalition aus CDU, GRÜNEN und FWG

Zur Einordnung:

In der letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung des vergangenen Jahres hatten wir den Nachtragshaushalt für 2022/2023 beschlossen und den Magistrat beauftragt für den anstehenden Doppelhaushalt 2024/2025 Einsparungsvorschläge zu erarbeiten um einen ausgeglichenen Haushalt ohne Steuererhöhungen vorlegen zu können (wir berichteten).

Mit anderen Worten: Bei unsichereren Einnahmen und gleichzeitig bereits beschlossenen großen Zukunftsprojekten muss genau gerechnet werden in welchem Haushaltsjahr welche Kosten hierfür anfallen und wieviel Fördermittel wann eingeplant werden können. Das sollte an diesem Abend eine Rolle spielen.

Förderprogramm Wachstum und Nachhaltige Erneuerung

Wer die Berichterstattung zum Förderprogramm Wachstum und Nachhaltige Erneuerung schon länger verfolgt, erinnert sich, dass das Programm für Neu-Isenburg bereits 2018 unter der Bezeichnung Stadtumbau oder auch ‘Vom Alten Ort zur Neuen Welt‘ gestartet wurde. Insgesamt sollen im Rahmen des Programms 20 Millionen Euro für eine attraktivere Neugestaltung der Innenstadt ausgegeben werden. Für die Hälfte davon, also 10 Millionen Euro, werden Fördermittel in Aussicht gestellt, die andere Hälfte muss die Stadt selbst finanzieren.

Seit etwa 5 Jahren beschäftigen sich die Stadtverordneten nun mit dem Programm: Erarbeitung eines integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK), Ideensammlung und Beteiligung der Bürger in den lokalen Partnerschaften (LoPa), diverse Gutachten (Einzelhandelskonzept, Verkehrskonzept Alter Ort). Dennoch sind außer Anreizprogrammen für die Fassadengestaltung sowie Gestaltungssatzungen noch nicht viele sichtbare Ergebnisse erzielt worden.

Die Koalition hatte daher beschlossen, die Stadtverordneten in gemeinsamen Workshops mit der Verwaltung stärker in die Projektsteuerung einzubinden. Im letzten Jahr wurde in diesem Format intensiv über die Gestaltung des Alten Ortes, die Entwicklung der Frankfurter Straße zur attraktiven Einzelhandelsmeile sowie über ein aktives Citymanagement diskutiert. Für die Gestaltung des Marktplatzes wurden sogar vier alternative Vorschläge entwickelt und anschließend die Bürger dazu befragt.

Nun muss man wissen, dass zu jeder Maßnahme des Programms ein konkreter Förderantrag erforderlich ist, der im Februar des Vorjahres eingereicht und im November von der WI-Bank (Wirtschaft- und Infrastrukturbank Hessen) beschieden wird. Für die diskutierten Vorhaben waren deshalb im Februar 2022 Fördermittel von insgesamt ca. 4 Millionen Euro beantragt worden.

Mit der vorgelegten Drucksache zum Förderprogramm, sind wir zu unserer großen Enttäuschung darüber informiert worden, dass nur für einen Bruchteil der Maßnahmen, Fördermittel in Höhe von insgesamt ca. 400.000 Euro bewilligt worden sind, begründet durch veränderte Förderkriterien, die sich stärker auf Klimaschutzmaßnahmen konzentrieren. Bereits im Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss gab es dazu eine sehr kritische Diskussion in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der NH-Projektstadt, die die Stadt bei der Bearbeitung der Förderanlage berät und unterstützt. Zur nächsten Ausschusssitzung wurde daher ein NH-Vertreter eingeladen um den Sachverhalt weiter aufklären zu können. Wir stellen uns die Frage, ob eine Änderung der Förderkriterien während der Antragsbearbeitung überhaupt zulässig ist, da den Verantwortlichen bei der WI-Bank doch eigentlich klar sein müsste, dass Verwaltung und Parlament zuvor ein ganzes Jahr lang an den beantragten Projekten gearbeitet haben.

Ausgerechnet für zwei besonders essentielle Maßnahmen, das barrierefreie Pflaster im Alten Ort ( 2 Millionen Euro) und für den City Manager (45.000 €) wurde die Förderung abgelehnt. Die Förderung für beide Maßnahmen wird zwar in der Drucksache erneut beantragt, verzögert sich damit aber um ein weiteres Jahr.

Unser Ziel bleibt es, mit dem Stadtumbau, der attraktiven Innenstadtgestaltung, jetzt trotzdem schneller als bisher voranzukommen. Wir möchten sichtbare Erfolge erzielen und uns auf die dazu wesentlichen Elemente zu konzentrieren. Priorität hat für uns neben der Gestaltung des Alten Orts, die Attraktivität der Frankfurter Straße zu erhöhen und die Umgestaltung der Hugenottenhalle zum Kultur- und Bildungszentrum voranzutreiben. In diesem Jahr erwarten wir noch die Durchführung eines Ideenwettbewerbs zur Neugestaltung der Frankfurter Straße, der in den Workshops des letzten Jahres vorbereitet wurde. Ebenfalls in Vorbereitung ist die Durchführung des Architektenwettbewerbs für die Hugenottenhalle.

In diesem Zusammenhang Fördermittel (100.000 Euro) für eine mobile vertikale Begrünung des Rosenauplatzes zu beantragen, auch wenn dies aufgrund der geänderten Förderkriterien besonders förderfähig erscheint, haben wir abgelehnt, da wir spätestens in 2026 mit dem Umbau der Hugenottenhalle auf dem Rosenauplatz eine Baustelle erwarten und uns auf die wesentlichen Maßnahmen fokussieren möchten. Es erscheint uns riskant, hohe Summen für Zwischenlösungen einzuplanen, wie zum Beispiel auch für eine Interimsspielstätte während des Umbaus der Hugenottenhalle. In einem Konsolidierungshaushalt können solche Ausgaben die Finanzierung des eigentlichen Projekts verzögern oder sogar gefährden.

Stadtentwicklung

Neben den Maßnahmen im Rahmen des Stadtumbauprogramms stehen in Neu-Isenburg in diesem und in den nächsten Jahren weitere Projekte mit wichtigen Planungsentscheidungen, der Umsetzung und der Finanzierung im städtischen Haushalt an.

Besonders für die Planung der Regionaltangente West (RTW), die im Mai 2019 in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen wurde gibt es nun einen sehr engen Zeitplan für die Entscheidung zum Baurecht in der Carl-Ulrich-Straße /Friedhofstraße über Planfeststellung oder Plangenehmigung bis September diesen Jahres und einer Planfestellung der RTW im ersten Quartal 2024 und der Fördermittelbeantragung im Juni 2024.

Kostenberechnung und Vorschlag der Verteilung (zwischen Stadt und RTW)15.03.2023
Abschluss Planung Lph. 3 inklusive Kosten, Anlieger, Bauphasen, Grünplanung04/2023
DRS OD L 3117 Entwurfsplanung – Magistrat25.04.2023
DRS OD L 3117 Entwurfsplanung – BPUVS10.05.2023
DRS OD L 3117 Entwurfsplanung – Stadtverordnetenversammlung24.05.2023
Antrag auf Entfall der Planfeststellung (Carl-Ulrich-Straße /Friedhofstraße) und Plangenehmigung09/2023
Antrag Planfeststellung Regionaltangente WestQ1/2024
Antrag auf Fördermittel06/2024
Start der Regionaltangente West2028
Zeitplan Regionaltangente West

Die bisherige Entwurfsplanung, die 2019 mit mehreren Bürgerbeteiligungsformaten (Planungswerkstatt, Bürgerversammlung) und diversen Sondersitzungen des Parlaments intensiv beraten, angepasst und schließlich beschlossen wurde, muss nun in eine Umsetzungsplanung überführt werden. Dieser entscheidende Schritt für die spätere Realisierung muss in seinen Konsequenzen für Bürger, Anwohner, Grundstückseigentümer und für verkehrliche und stadtgestalterische Aspekte vor einer Entscheidung genau betrachtet werden. Eine intensive Diskussion mit Bürgern und dem Parlament ist notwendig. Eine schnelle Entscheidung unter Zeitdruck ohne ausreichende Beratung birgt die Gefahr unzufriedenstellender Lösungen, die auf Jahrzehnte hin zu ertragen wären.

Im aktuellen Sitzungsplan des Parlaments ist eine intensive Befassung zu diesem Themenkomplex noch nicht berücksichtigt, Termine zur Bürgerbeteiligung noch nicht festgelegt.

Auch wenn die Stadt in den vergangenen Jahren auf eine positive Entwicklung der Gewerbesteuer zurückblicken konnte, ist klar, dass mit dauerhaft höheren Energiepreisen, hoher Inflation, Krieg in Europa, Flüchtlingen, Fachkräftemangel und gedämpfter Wirtschaftserwartung, eine Zeitenwende bevorsteht, die einen besonderen Fokus auf die Finanzplanung erforderlich macht (siehe auch Onkel Wanja und der Haushalt der Stadt).

In den kommenden Haushalten müssen große Summen berücksichtigt werden. In Zusammenhang mit RTW ca. 30 Millionen Euro für die Umgestaltung Carl-Ulrich-Straße/Friedhofstraße, für die Mobilitätsstationen (Bahnhof Neu-Isenburg und Birkengewann) jeweils ca. 12 bis 15 Millionen Euro, für die Umgestaltung Hugenottenhalle ca. 40 Millionen Euro. Hinzu kommen noch eine mögliche Verlängerung der Straßenbahn, eine Sportanlage im Osten der Stadt, usw.. Bisher sind diese Projekte zwar bereits im Parlament diskutiert worden, aber noch nicht mit dem notwendigen Finanzierungsbedarf pro Haushaltsjahr, den erwarteten Fördermitteln und deren Bereitstellungsmodus (vor oder nach Umsetzung der Maßnahme) zusammengefasst.

Damit weder versäumt wird ausreichend Zeit für notwendige Beratungen rechtzeitig einzuplanen und um vor dem Hintergrund notwendiger Sparmaßnahmen im Doppelhaushalt 2024/2025 die finanzielle Transparenz für die kommenden Beratungen zu gewährleisten, hat die Koalition den Antrag gestellt eine entsprechende Planung der Gremienbefassung und der Finanzierung zu erarbeiten.

Zum Antrag der Koalition wurde zwar intensiv diskutiert, aber über Parteigrenzen hinweg auch in der Sitzung ein pragmatischer Weg gefunden, so dass der Antrag ohne Verzögerung durch eine weitere Beratung im Ausschuss mit breiter parlamentarischer Mehrheit beschlossen wurde. Wir schätzen diesen konstruktiven Diskussionsstil im Neu-Isenburger Parlament sehr und bedanken uns bei den anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit.

Die kurze aber inhaltlich wertvolle Sitzung, war noch kurz vor halb neun zu Ende. Anschließend gab es noch die Gelegenheit sich im Kreise der Parlamentarier und Besucher der Stadtverordnetenversammlung gemeinsam auszutauschen.

[Oliver Hatzfeld, Kati Conrad]

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