Sommer-Sonnen-Verkehrswende-Party

Zum Abschluss des Neu-Isenburger Stadtradelns wollten wir wissen: Kann der Umstieg aufs Fahrrad in der Praxis gelingen, auch unter erschwerten Bedingungen? Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bettina Blüchardt war frisch umgezogen und hatte uns zur Grillparty nach Zeppelinheim eingeladen. Wir nahmen uns vor: Die komplette Party-Logistik sollte ausschließlich mit dem Fahrrad umgesetzt werden. Sehr schnell wurde klar: Die Gastgeberin hat jetzt ein Problem. In Zeppelinheim gibt es keinen Supermarkt und auch sonst keinen Einzelhandel. Um alles einzukaufen, was man für eine Party braucht, müsste Bettina mindestens zehnmal die Strecke in die Kernstadt durch den Wald fahren – alleine, schwer bepackt und vielleicht im Dunkeln. Noch dazu ist der Fahrradweg nach Zeppelinheim stellenweise in keinem guten Zustand. 

Wir beschlossen, dass jeder der Gäste etwas auf dem Fahrrad mitbringen muss und planten alles sorgfältig mit einer Online-Liste. Alles musste viel bewusster durchdacht werden als mit dem Auto. Susanne Schmidt tüftelte aus, auf welche zwei Schüsseln sie ihren Nudelsalat verteilen muss, damit er in den Fahrradkorb passt. Toni Knieling – sonst supersportlicher Radler und ganz vorne mit dabei – lieh sich das Rad seiner Frau (mit Korb), um eine schwere Kühltasche transportieren zu können und kämpfte mit dem ungewohnten Setup. Peter Overmann gelang es, heldenhaft einen ganzen Bierkasten auf dem Gepäckträger festgeschnallt nach Zeppelinheim zu bringen – aber es klirrte bedenklich im Wald, wenn der Weg etwas uneben war. In Fahrradkörben und Rücksäcken transportierten wir schließlich erfolgreich Getränke, Grillgut, Salate, Grillsaucen, Brot und Nachtisch in die Kapitän-von-Schiller-Straße.

Dort begrüßte uns fröhlich unsere Gastgeberin Bettina – aber auch Helga Hatzfeld war schon da, sie hatte uns mit dem Auto überholt. „Als Seniorin fühle mich mich auf dem Fahrrad inzwischen unsicher, kann höchstens noch kurze Strecken fahren und nichts durch den Wald transportieren.“ erklärte sie. Auch Margit Koch-Karner, die aus gesundheitlichen Gründen kein Fahrrad mehr fahren darf, kam mit dem Auto dazu. 

Wir präsentierten uns nun gegenseitig, was wir in unseren Taschen und Körben verstaut hatten und freuten uns über die gelungene Zusammenstellung des Buffets. „Ihr habt ja wirklich an alles gedacht!“ staunte Bettinas Ehemann Ralf Blüchardt beim Anblick des Buffets und warf die ersten Steaks auf den Grill. Wir verbrachten einen schönen und lustigen Abend zusammen – mit leckerem Essen, guten Gesprächen – und natürlich Karaoke! (Ein großes Dankeschön an Olivia und Markus Munari, die uns spontan ihre Anlage geliehen haben.) Die Bewohner des Waldes hinter Bettinas Haus denken sicher noch lange an die legendären Darbietungen von ‚Griechischer Wein‘, ‚Minnie the Moocher‘ und ‚That‘s Amore‘.

Für den Heimweg musste dann wieder ein bißchen geplant werden: Nicht alle wollten gleichzeitig nach Hause, niemand sollte alleine durch den dunklen Wald fahren. Wer schlechte oder gar keine Beleuchtung am Fahrrad hatte, konnte sich einer gut beleuchteten Gruppe anschließen. Schließlich kamen wir alle wieder gut zu Hause an.

Unsere Partyplanung zeigt nochmal ganz klar: Fahrradfahren macht uns allen Spaß, ist gut fürs Klima und für die eigene Fitness. Die nervige Parkplatzsuche entfällt. Die Flexibilität, die man dadurch gewinnt, bringt aber auch wieder an anderer Stelle Einschränkungen mit sich: Es kann nicht alles transportiert werden und auch nicht bei jedem Wetter. Fahrradwege sind teilweise nicht gut ausgebaut und/oder nicht beleuchtet, den Weg durch den Wald findet nicht jeder zuverlässig. Wer abgelegen wohnt oder wegen einer körperlichen Einschränkung nicht fahrradfahren kann, wird ohnehin auf das Auto oder – sofern vorhanden – auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sein. Hätten wir für unsere Party nur Radfahrer zugelassen, hätten wir auf einige liebe Gäste verzichten müssen. Bei politischen Entscheidungen müssen auch zukünftig alle Verkehrsteilnehmer und die individuellen örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden, um die freie Mobilität für alle sicherzustellen. Darauf sollten wir noch ein Liedchen singen. Was darf es sein: ‚Bicycle Race’, ‚Long Train Running’ oder doch lieber ‚Mercedes Benz’?

[Kati Conrad]

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