Städtischer Haushalt im 2. Jahr der Pandemie

Als die Stadtverordneten am 11. Dezember 2019 im Plenarsaal des Rathauses den Doppelhaushalt 2020/2021 erstmals beschlossen, hatte niemand eine Vorstellung davon, welche Verwerfungen mit Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, kurz darauf durch den globalen Ausbruch der Pandemie auf uns hereinbrechen werden:

Absage von Veranstaltungen, Kinder im Homeschooling, Eltern im Homeoffice, Schließung von Einzelhandel, Gastronomie und Hotelgewerbe, Einbruch im Transportgewerbe, weltweite Wertschöpfungsketten unterbrochen oder gestört.

Der 1. Nachtrag zum Doppelhaushalt, 1 Jahr später am 09. Dezember 2020, konnte mit 56 Mio. € Gewerbesteuereinnahmen gegenüber dem Ansatz von 82 Mio. € bereits nur noch durch die Kompensation von Bund und Land in gleicher Höhe ausgeglichen werden.

Der in der vergangenen Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch, den 07.07.2021 beschlossene 2. Nachtrag zum Doppelhaushalt 2021, immer noch unter Pandemiebedingungen, wurde jedoch aufgrund einer Gewerbesteuer-Einmalzahlung als Vorauszahlung von 97,6 Mio. €, mit Gewerbesteuereinnahmen zum 25.05.2021 von 156,7 Mio. €, mit einem historischen Rekordwert eingebracht.

Zwar war diese Einmalzahlung ebenso wenig vorhersehbar wie der Ausbruch der Pandemie, die Grundlage ist hier aber anders als bei der Pandemie, durch die Entscheidungen der Vergangenheit gelegt worden. 

Neu-Isenburg ist ein attraktiver Standort für Unternehmen. Die Wirtschaftsförderung der Stadt unterstützt Unternehmen erfolgreich bei der Ansiedlung, die Infrastruktur (Glasfasernetz, Digitalisierung, ÖPNV, RTW, Mobilitätskonzept, soziale und kulturelle Infrastruktur), werden durch Investitionen immer wieder zukunftsgerichtet weiterentwickelt und ein niedriger Gewerbesteuerhebesatz hat die positive Entwicklung als Wirtschaftsstandort in den vergangenen Jahren und die aktuelle Einmalzahlung überhaupt erst möglich gemacht. 

Neu-Isenburg kann sich heute glücklich schätzen, die Forderungen den Gewerbesteuerhebesatz auf das Durchschnittsniveau von Hessen (387 %) anzuheben nicht umgesetzt zu haben. Im Gegenteil kann sich die CDU Fraktion vorstellen, als Konjunkturhilfe, ab 2022 den Gewerbesteuerhebesatz wieder zu senken und damit den attraktiven Wirtschaftsstandort weiter zu stärken.

Finanzkrise, Eurokrise, Handelskrieg und jetzt die Pandemie haben anschaulich gezeigt, dass wir in einem immer volatileren Umfeld leben, die Risiken für den städtischen Haushalt zunehmen. Die Gewerbesteuer macht ca. 65 % der Steuereinnahmen aus, ein Ausfall wie in 2020 wäre ohne fremde Hilfe nicht aufzufangen gewesen.  

Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass der Kämmerer und erste Stadtrat Stefan Schmitt, in seinem 2. Nachtragshaushalt eine Forderung aus dem Wahlprogramm der CDU umgesetzt und zur Abfederung finanzieller Risiken, die Rückstellungen um ca. 65 Mio. € erhöht hat. Wir sehen darin einen wichtigen Beitrag den Haushalt gegen zukünftige Unsicherheiten abzusichern.

Der größte Ausgabenbereich des Haushalts, abgesehen von den an Kreis, Land und Bund abzuführenden Umlagen, ist der in den letzten Jahren stetig gewachsene Bereich Kinder und Jugend. Die Ausgaben sind hier von 22 Mio. € in 2018 auf jetzt ca. 28 Mio. € im 2. Nachtrag 2021 gestiegen. Wie der Bedarfsplan (Drs 19/0167) zeigt, konnten im vergangenen Jahr alle Betreuungsbedarfe gedeckt werden aber der Trend zu steigenden Betreuungszahlen hält weiter an. Deshalb sollen Plätze weiter ausgebaut und Maßnahmen zur Personalbindung und -gewinnung weitergeführt werden. Für den Neubau der Kindertagesstätte Gravenbruch, Anbau Kindertagesstätte Friedrich List-Straße und Familienzentrum Gartenstrasse sind entsprechende Mittel und Fördergelder sowie höhere Zuschüsse (587 tsd. € Personalkosten) an kirchliche und freie Träger aufgrund des Gute-Kita-Gesetzes im Haushalt berücksichtigt. 

Der Ausbau der Hugenottenhalle und Stadtbibliothek zum Kultur-und Bildungszentrum hat für uns einen hohen Stellenwert, es soll ein Ort des Aufenthalts, des Austauschs, der Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur entstehen aber auch den Isenburger Bürgern und ihren Vereinen weiterhin Raum für Veranstaltungen bieten. Die 10 Mio. €, die hierfür in die den Rückstellungen berücksichtigt sind, bekräftigen unseren Willen das Projekt zügig voranzutreiben.

Die gesamte Kulturbranche hat besonders unter der Pandemie gelitten. Theaterveranstaltungen, Konzerte und Vernissagen konnten nicht in der gewohnten Form stattfinden. Eine besondere Förderung und Anerkennung für Künstler und Kulturschaffende, die trotz der widrigen Rahmenbedingungen Projekte realisiert haben oder in diesem Jahr noch planen, waren uns daher ein besonderes Anliegen. Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir daher die Kostenstelle zur Kulturförderung um 30 tsd. € erhöht, um kulturelle Initiativen und Vereinen unter weiterhin unsicheren Bedingungen zu unterstützen in diesem Jahr noch Veranstaltungen ausrichten zu können. Zur Auszeichnung von Initiativen, die unter Pandemiebedingungen trotzdem umgesetzt wurden, haben wir einen Antrag zum Sonderpreis Kultur eingebracht.

Wichtig ist für uns auch die Weiterentwicklung der Infrastruktur im Bereich Verkehr und Digitalisierung. Die RTW ist dabei ein wesentlicher Baustein des Mobilitätskonzepts 2030, um den Verkehrsfluss in der Stadt auch in der Zukunft zu gewährleisten und die Entwicklung der Gewerbegebiete zu fördern. 2,2 Mio. € für den vorgezogenen Ausbau der Hugenottenallee, 230 tsd € für die Mobilitätsstation und eine Erhöhung der Umlagezahlung an die RTW-Gesellschaft um 400 tsd. € aufgrund vorgezogener Planungsleistungen sind im Haushalt berücksichtigt.

Wir freuen uns über die Anerkennung als Online-Zugangs-Gesetz (OZG) – Modellkommune und die damit verbundenen Zuwendungen von 30 tsd. € im Nachtrag 2021, mit dem die Web-Kita App weiterentwickelt werden soll, sowie über die Haushaltsmittel von 120 tsd. €, die für die Einführung der RFID Technik in der Stadtbibliothek bereitgestellt werden konnten.

Die sportliche Infrastruktur in Neu-Isenburg ist auf einem ausgezeichneten Niveau und wird weiter ausgebaut. Für die Umwandlung des Hartrasenplatzes im Sportpark in einen Kunstrasenplatz und für die Sanierung des Kunstrasenplatzes in Zeppelinheim sind Planungskosten von 200 tsd. € im Haushalt eingestellt.

Zusammengefasst halten wir den 2. Nachtragshaushalt 2021 für ein stimmiges Paket aus verantwortlicher Haushaltsführung und einer zukunftsgerichteten Weiterentwicklung der Aufgaben und Strukturen unserer Stadt. Wir haben dem 2. Nachtragshaushalt 2021 deshalb zugestimmt.

[Oliver Hatzfeld]

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