Die Zukunft der Stadt, die Stadt der Zukunft

Wie wollen wir 2040 leben? Mit dieser Frage beschäftigten sich gestern die Teilnehmer des Workshops ‚Erster Diskurs zur Zukunft der Stadt‘ in der Hugenottenhalle. Stadtverordnete, Magistratsmitglieder und Mitarbeiter der Verwaltung waren eingeladen, sich unter der Leitung der Stadtplanerin und Städtebau-Architektin Brigitte Holz mit folgenden Fragen zu beschäftigen:

Der übergreifende Blick: Welche Qualitäten sind zu bewahren und zu stärken? Welche Schwächen und Mängel sollten behoben werden? Wie können Chancen genutzt und Risiken abgewendet werden? Wie sind Synergien zwischen den Politikfeldern herzustellen?

Der räumliche Blick: Welche Gebiete  und Stadträume sollten bewahrt bleiben? Welche Orte benötigen Stabilisierung und Stärkung? Welche Bereiche sollten entwickelt, neu gestaltet oder umgebaut werden?

Der strategische Blick: Welche Themen und Handlungsschwerpunkte sollten Priorität haben? Wie sieht eine kommunale Innovationspolitik mit Alleinstellungsmerkmalen aus?

Zu allen drei Bereichen wurde in Gruppen gearbeitet, die parteiübergreifend zufällig zusammengewürfelt waren. Interessante Impulse trugen Adrian Bienkowski und Lars Wolfrath bei, die ihre Masterarbeit zur nachhaltigen Innenstadtentwicklung in Neu-Isenburg geschrieben und zur Verfügung gestellt hatten. Für die CDU-Fraktion waren Bettina Blüchardt, Kati Conrad, Oliver Hatzfeld und Teresa Rizzo dabei.

Die Zusammenarbeit verlief in allen drei Gruppen sehr gut und konstruktiv. Bei der Präsentation der Ergebnisse zeigte sich, dass wir unabhängig von der Parteizugehörigkeit gleiche oder sehr ähnliche Visionen für das Neu-Isenburg der Zukunft haben:

Neu-Isenburg soll eine moderne, eigenständige und nachhaltige Stadt in der Metropolregion mit einer hohen Aufenthaltsqualität sein. Attraktiv gestaltete Begegnungsräume (Fußgängerzone, Plätze, Außengastronomie) sorgen für eine lebendige Innenstadt. Grüne und blaue Infrastruktur (Grünflächen und Wasser) sind dabei ebenso wichtig wie eine digitale Infrastruktur. Die Quartiere und Stadtteile tragen mit ihrem individuellen Charakter zum Gesamtbild der Stadt und ihrer Gesellschaft bei. Sie sollen geschützt, aber auch weiterentwickelt werden. Wichtig erschien uns auch, klare Qualitätsmerkmale für das Wachstum der Stadt zu definieren. Kein Wachstum um jeden Preis, sondern eine differenzierte und bedarfsorientierte Entwicklung.

Als dringendstes Thema für die nächsten Jahre wurde ganz klar die Verkehrsinfrastruktur identifiziert. Hier gilt es, attraktive Angebote zu schaffen, den motorisierten Individualverkehr reduzieren. Konkret bedeutet das: 

  • Neu-Isenburg sollte für Fahrradfahrer attraktiver und sicherer werden, denn das Fahrrad bietet eine Möglichkeit der individuellen Fortbewegung ohne Lärm, Abgase und Parkplatzprobleme. Mit separaten Radwegen und Fahrradüberführungen könnte ein attraktives Radwegenetz nach dem Vorbild der Niederlande geschaffen werden.
  • Der ÖPNV muss gestärkt werden. Der Bau der RTW und die Einführung des Hoppers (eine Weiterentwicklung des Anruf-Sammeltaxis) sind hier bereits auf den Weg gebracht, über eine Verlängerung der Straßenbahn nach Dreieich oder Langen wird diskutiert. Zusätzlich könnten Kurzstrecken künftig durch autonom fahrende Kleinbusse bedient werden.
  • Die Digitalisierung kann helfen, Angebote effizienter zu nutzen, in dem man z.B. Routen planen, smarter Parken oder die Verfügbarkeit von Fahrradboxen und Parkplätzen an den Mobilitätsstationen und stark nachgefragten Orten (Schwimmbad im Sommer) überprüfen kann. Das Stadtquartier Süd soll Beginn an als SmartCity Pilotquartier entwickelt werden.

Die digitale Transformation kann durch die Einbeziehung von Bürgern effizienter gelingen, Neu-Isenburger sollten durch Voicing-Angebote und Bürgerbeteiligungen in den Weiterentwicklungsprozess der Stadt eingebunden werden.

Mehr Grün in der Stadt wünschten sich alle Workshopteilnehmer. Das kann durch Entsiegelung von Flächen, Begrünung von Fassaden und Dächern oder durch die Pflanzung von Straßenbäumen geschehen. Optimal wäre eine Vernetzung dieser Grünflächen für ein gesundes und harmonisches Gesamtbild und zur Verbesserung des innerstädtischen Klimas.

Gewerbegebiete sind ein wichtiger Teil für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt, sind aber oft hässlich und gehören nicht so richtig dazu. Auch hier sollte über die Integration grüner Flächen nachgedacht werden. Außerdem sind diese Gebiete nachts menschenleer und könnten durch Clubs oder Veranstaltungen belebt werden, ohne Anwohner zu stören.

Ganz klar kristallisierte sich heraus, dass das Gebiet zwischen Altem Ort und dem neuen Stadtquartier Süd, das im Fokus des Stadtumbauprogramms ‚Vom Alten Ort zur Neuen Welt‘ steht, auch das meiste Potential zur Weiterentwicklung bietet. Hier gibt es viele Bereiche, die zugleich wichtige Bezugspunkte und Problemzonen sind. Beispiele:

  • Das Isenburg Zentrum lockt viele Besucher aus der Umgebung an und macht die Stadt als Wohnort attraktiver. Gleichzeitig beschränkt es durch die Ansiedlung vieler beliebter Handelsketten wie H&M, Saturn, etc. die Entwicklung des lokalen Einzelhandels in der Frankfurter Straße und Fußgängerzone. Die Nutzung von Online-Einkaufsmöglichkeiten hat seit Beginn der Pandemie stark zugenommen und man muss sich die Frage stellen, wie lange ein Einkaufszentrum in dieser Größe noch funktioniert. 
  • Der Alte Ort ist ein wichtiger historischer Identifikationspunkt, er sollte als Denkmal geschützt und erhalten, aber auch zeitgemäß weiterentwickelt werden. Durch das Kopfsteinplaster ist er für Rollstühle und Rollatoren nicht gut zugänglich, der Marktplatz könnte attraktiver gestaltet werden.

Uns allen fiel es ein bißchen schwer, gleich 20 Jahre in die Zukunft zu denken, da wir uns in der politischen Arbeit intensiv mit der Entwicklung in den jetzt kommenden Jahren beschäftigen. Wir alle wünschen uns eine konstruktive überparteiliche Zusammenarbeit, und der Workshop hat gezeigt, dass das möglich ist. Eine nachhaltige Innenstadtentwicklung, von Politik, Verwaltung und Bürgern gemeinsam gestaltet – das sollte unser Ziel sein. Und vor allem: nicht nur darüber reden, sondern auch machen!

[Kati Conrad, Oliver Hatzfeld]

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