Unser Hessen 2035 – die Zukunft der Mobilität

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Wer gerne samstags früh aufsteht und sein Auto vom Schnee freischaufelt, kann tolle Dinge erleben. Am vergangenen Wochenende zum Beispiel ‚Unser Hessen 2035 – die Zukunftskonferenz der Union’. Das Thema der Auftaktveranstaltung dieser Reihe lautete ‚Zukunft der Mobilität’. Die Konferenz fand als Hybridveranstaltung statt, ich (Kati Conrad) war vor Ort im HOLM (House of Logistics and Mobility) in den Frankfurter Gateway Gardens dabei.

Begrüßt wurden wir von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, dem Mann mit der tollen Stimme. Danach folgte eine Podiumsdikussion in drei Themenblöcken:

Schienenverkehr

Als Experte war Harmen van Zijderfeld, Leiter der Konzernentwicklung der Deutschen Bahn, eingeladen. Gleich zu Beginn sprach er das aus, was zum Thema des gesamten Tages werden sollte: Die Zukunft gehört der vernetzten Mobilität. Die Trennung zwischen den Systemen muss überwunden werden, um ein attraktives Angebot für Kunden zu schaffen. Eine komplette Reise sollte zukünftig über eine einzige Platform buchbar sein – inklusive Nahverkehr, Fernverkehr, Flug und PKW-Nutzung. Hierzu müssen digitale Schnittstellen geschaffen werden. 70% aller Tickets im Fernverkehr werden bereits jetzt online gebucht. 

Auch die Infrastruktur der Bahn muss digitalisiert werden, was sowohl die Leitungs- und Sicherheitstechnik als auch die Synchronisation der Züge untereinander auf der Strecke betrifft. Aus dem Publikum meldete sich ein Teilnehmer zu Wort, der sich eine Verbesserung der digitalen Kundeninformation im laufenden Betrieb wünschte. Bei seiner Anreise zeigte die Anzeige am Bahnsteig als Ziel lediglich ‚Endbahnhof‘ an. In einer parallel laufenden Umfrage über Zoom zeigten sich nur ca. 50% der Teilnehmer zufrieden mit dem Service der Bahn – hier gibt es noch viel zu tun!

ÖPNV

Für diesen Bereich war Frank Nagel als Experte vor Ort, mobilitätspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Frankfurter Römer und Inhaber einer Agentur für ÖPNV-Marketing. Die Themen der Zukunft sind für ihn Barrierefreiheit und Klimaneutralität. Auch er wünscht sich die Planung und Buchung der gesamten Fahrt zukünftig über eine einzige App – inklusive PKW-Stellplatz und Lademöglichkeit fürs E-Bike. 

Diskutiert wurde auch über eine Vereinfachung der Tarife. Ein einfach gestalteter Tarif ist immer ungerecht für einige Teilnehmer, ein gerechter Tarif wird schnell kompliziert und schwer verständlich. Aus dem Publikum kam hier der Vorschlag, gesteuert über eine App nur die tatsächlich gefahrene Strecke abzurechnen, ähnlich wie beim Taxi.

In der Zoom-Umfrage hing die Zufriedenheit der Teilnehmer mit dem ÖPNV sehr stark von der Frage ab, ob nach dem gut ausgebauten städtischen oder dem schlechter angebundenen ländlichen Raum gefragt wurde. Wie Frank Nagel erläuterte, gib es ‚den‘ ÖPNV nicht. Während in Städten weiterhin auf Massentransportmittel gesetzt wird, sind auf dem Land flexible und autonome On-Demand-Lösungen gefordert. Ländliche Bereiche komfortabel für den ÖPNV zu erschließen, bezeichnete Volker Bouffier in seiner Wortmeldung sogar ganz klar als ‚Träumerei‘ – hier wird es seiner Meinung nach auch zukünftig ganz ohne Auto nicht gehen. 

Auto

Zu diesem Thema wurde Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, per Videokonferenz zugeschaltet. Individuelle Mobilität ist auch mit einem gut ausgebauten ÖPNV für viele immer noch die Voraussetzung für Freiheit und Teilhabe. Gerade ältere Menschen oder Bewohner ländlicher Regionen sind zum Einkaufen, für Arztbesuche oder einfach zur Pflege sozialer Kontakte auf das Auto angewiesen. Auch Transport, Logistik und Lieferverkehr sind ohne LKWs noch nicht denkbar. Saubere, sichere und effiziente Lösungen sind gefragt, auch hier sind Digitalisierung und Klimaschutz die wichtigsten Themen. 

In der Zoom-Umfrage waren 95% der Teilnehmer der Meinung, dass das Auto auch 2035 noch ein unverzichtbares Verkehrsmittel sein wird. Bei der Frage nach der bevorzugten Antriebstechnologie der Zukunft votierten überraschend etwa zwei Drittel der Teilnehmer für Wasserstoff. Laut Frau Müller sind hier bereits Investitionen geplant, die Infrastruktur erfordert bei einer Reichweite von etwa 1000 km pro Tankfüllung auch keine so engmaschige Versorgung wie bei Elektrofahrzeugen. Der Haken allerdings: Wasserstoff ist aktuell ohne Partnerschaften mit anderen Ländern nicht für alle ausreichend vorhanden. Daher wird er zur Zeit hauptsächlich im Schwerlastverkehr eingesetzt.

Auch die Schattenseiten der Elektromobilität wurden diskutiert. Die Reichweite der Batterien ist nach wie vor nicht groß und über die Hälfte aller Städte und Gemeinden in Deutschland verfügt noch nicht über eine Ladeinfrastruktur. Zudem lässt die Leistungsfähigkeit der Akkus im Laufe der Jahre nach, was Elektrofahrzeuge als Gebrauchtwagen weniger attraktiv macht. Dafür ergeben sich hier aber mit fortschreitender technischer Entwicklung interessante Möglichkeiten für das bidirektionale Laden: Das Fahrzeug kann dann bei Bedarf Strom ins Netz einspeisen und so Spannungsspitzen intelligent abfangen – zum Beispiel, wenn um 20:15 alle den Fernseher einschalten.

Egal, in welchem Bereich man schaut, Vernetzung und Synergien sind immer die wichtigsten Themen. Der Wettbewerb zwischen konkurrierenden Verkehrsmitteln (wie z.B. innerdeutsche Flüge und Bahnreisen) muss beigelegt werden, um attraktive und benutzerfreundliche Lösungen für alle Verkehrsteilnehmer zu schaffen. Die Mobilität der Zukunft ist mit der Digitalisierung eng verknüpft und kann nur optimiert werden, wenn alle Anbieter konstruktiv zusammenarbeiten. 

Für uns in Neu-Isenburg und damit auch für uns als Fraktion wird Mobilität in den kommenden Jahren ein riesiges Thema sein – sei es durch den Bau der RTW inklusive Mobilitätsstation, die Verbesserung der Ladeinfrastruktur, Smart Parking, Fahrradstraßen oder durch die Diskussion über eine mögliche Verlängerung der Straßenbahn bis nach Dreieich oder Langen. Aus der Konferenz konnte ich einige interessante Impulse mitnehmen und mich außerdem mit Parteimitgliedern aus (fast) ganz Hessen austauschen. 

Ich bin übrigens (wie ganz am Anfang schon erwähnt) mit dem Auto angereist und habe 12,50 Euro fürs Parken im Hotelparkhaus gegenüber investiert. Während ich im gemütlichen Foyer bequem mein Parkticket mit dem Smartphone bezahlte, suchte mein Gesprächspartner aus Bad Homburg vergeblich in der Kälte die S-Bahn-Haltestelle. Das fasst die aktuelle Situation zum Thema Mobilität eigentlich ganz gut zusammen, oder?

[Kati Conrad]

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